Haben Unternehmen eine moralische Verantwortung?

28. Feb 2020 | 0 Kommentare

Stellen Sie sich vor, der Einkäufer eines Unternehmens verhandelt mit einem Lieferanten über die Lieferung eines Bauteils. Der Einkäufer kennt die Kostenpositionen des Lieferanten und er, der Verkäufer selbst hat eine Marge, die er nicht überschreiten darf. Wenn er sie überschreitet, bekommt er weniger Bonus. Die Verhandlungen ergeben, dass der Lieferant nicht einmal seine Kosten decken kann, wenn der Einkäufer seine Marge einhält. Der Einkäufer hält an seiner Marge fest – er meint, ihm seien die Hände gebunden. Trotzdem unterschreibt der Lieferant den Vertrag, weil er es sich nicht leisten kann, den Auftrag zu verlieren. Ist dieses Nichtgewähren eines Gewinns und das Ausnutzen der „Notlage“ des Lieferanten durch den Einkäufer/das Unternehmen jetzt einfach ein legitimes „Marktgesetz“ oder ist es unmoralisch und wenn ja, wer hat die Verantwortung für dieses unmoralische Verhalten: der Einkäufer oder das Unternehmen? Ich komme darauf zurück…

Abgrenzungen – Facetten der Verantwortung

Viele Unternehmen unterstützen dauerhaft lokale oder auch globale Hilfsorganisation, sponsern Sport- und Kulturevents und engagieren sich freiwillig für nicht-wirtschaftliche Ziele. Hier geht es meistens um die Ermöglichung von etwas Positivem, von dem alle Beteiligten profitieren, auch das Unternehmen selbst. Man sagt dazu, dass Unternehmen „freiwillig gesellschaftliche Verantwortung“ übernehmen.

Einer solchen freiwilligen „guten Tat“ steht eine „moralische Verpflichtung“ gegenüber, die dem Unternehmen aufgrund einer moralischen oder gesellschaftlichen Norm zugewiesen wird. Hier geht es meistens um die Vermeidung von „noch nicht strafbaren Nachteilen“ für Dritte und um die Einforderung „guter Sitte“. Wie im oben genannten Beispiel beschrieben, soll das unangemessene Ausnutzen von Marktmacht zum Nachteil eines anderen vermieden werden. Hier müssten die Unternehmen im Gegensatz zur freiwilligen „guten Handlung“ gegenüber der Gesellschaft oder aufgrund einer moralischen Norm Rechenschaft über ihr Verhalten ablegen. Zu dieser „Rechenschaftslegungspflicht“ sagt man, dass ihnen eine moralische Verantwortung für ihr Handeln oder Nichthandeln zugewiesen wird.

Eine weitere Abgrenzung zur moralischen und fremd zugeschriebenen Verantwortung ist die „rechtliche Verantwortung“ eines Unternehmens. Diese ist eine dem Unternehmen vom Staat zugewiesene Verpflichtung, bestimmte rechtliche Normen einzuhalten. Für bestimmte „Handlungskreise“ weist der Staat dem Unternehmen als Organisation eine Verantwortung zu, d. h. sie müssen für diese Handlungen Rechenschaft ablegen und werden bei Nichteinhaltung u. U. auch sanktioniert (aktuell nur mit Geldzahlungen nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (ein Unternehmensstrafrecht gibt es in Deutschland noch nicht). Was die rechtliche und die moralische Verantwortung gemeinsam haben, ist also eine Norm, der sie sich unterwerfen sollen und eine Instanz, vor der sie sich rechtfertigen müssen. Was beide unterscheidet, ist, dass eine rechtliche Norm bindender, eindeutiger und klarer zu legitimieren ist, eine moralische oder eine gesellschaftliche Norm immer unterhalb der Schwelle der Legalität auftritt, oft strittiger und dadurch auch schwerer zu legitimieren ist. Weiter gibt es für die moralische Norm keinen eindeutig zuordenbaren „Hüter“, wie das bei einer rechtlichen Norm in Gestalt der Justiz und des Staates der Fall ist. Ebenso ist es grundsätzlich fraglich, ob und inwieweit sich ein Unternehmen als Organisation überhaupt einer moralischen Norm unterwerfen soll.

Fairness und Ehrlichkeit als bedeutende moralische Normen in Unternehmen

Anknüpfend an o. g. Beispiel und der Frage, ob das Verhalten des Einkäufers, bzw. der „Deal“ unmoralisch waren, wäre zunächst die Frage zu stellen, gegen welche Norm ein solches Verhalten, ein solcher „Deal“ denn verstoßen hätte. Offensichtlich sah sich der Lieferant „gezwungen“, den Vertrag aus „Überlebensgründen“ zu unterschreiben, obwohl der Einkäufer ihm die Realisierung seines Eigenrechts auf Gewinn verweigert hat, während er sich selbst dieses Eigenrecht zugebilligt und auch realisiert hat. Das Eigenrecht auf Gewinn, bzw. die Möglichkeit, sich zu entwickeln muss jedem Unternehmen zugebilligt werden, denn sonst würde keine Volkswirtschaft, egal welcher Provenienz funktionieren. Dies ist eine funktionale ökonomische Norm, die sich auch aus der übergeordneten Gleichheitsnorm ableiten ließe. Regeln beinhalten Rechte und Pflichten, die aus Gleichheitsgründen für jeden gelten müssen. Wenn einem Akteur im wirtschaftlichen Leben bestimmte Rechte beschnitten werden oder wenn ein Akteur Rechte für sich ausweitet, es dem anderen aber verweigert, spricht man von unfairem Verhalten. Dieser Deal und dieses Verhalten würden also gegen die moralische Norm der Fairness verstoßen. Das Gleiche würde ebenso für die Praxis eines Unternehmens gegenüber seinen Beschäftigten gelten, wenn Rechte, Pflichten und soziale Standards ungleich verteilt und gewährt würden (beispielsweise in der Bezahlung, der Personalentwicklung, der sozialen Behandlung, etc.). Fairness ist jedenfalls eine überragende, alles durchdringende moralische Norm im täglichen Unternehmenshandeln, die auch eine hohe Erwartungssensibilität aufweist: „Ich hoffe sehr, dass es hier fair zugeht“. Eine weitere wichtige moralische Norm im Unternehmen ist die der Ehrlichkeit. Ehrlichkeit ist die Voraussetzung von Vertrauen, gelingender Kooperation und damit wirtschaftlichem Erfolg. Ehrlichkeit ist ferner ein Wert, der in einschlägigen Umfragen sowohl in der Gesellschaft als auch in den Unternehmen regelmäßig Spitzenplätze einnimmt. Möglicherweise liegt das auch daran, dass dieser Wert regelmäßig und vielleicht auch zunehmend verletzt wird, sodass sich dadurch die Bedeutung des Wertes zusätzlich erhöht zusätzlich erhöht. Die Lüge, als Gegenpol zur Ehrlichkeit wirkt, je nach Art und Weise der Beziehung, direkt ins Private und Intime hinein. Sie wirkt dadurch besonders bedrohlich und die Ehrlichkeit besonders erstrebenswert. Ein Unternehmen, in dem gelogen, betrogen und intrigiert wird, wird dauerhaft kein Erfolg haben oder kann sich diesen nur durch die pure (Markt-)Macht und durch Abhängigkeitsverhältnisse absichern (VW). Ein solches Unternehmen müsste sehr viel Ressourcen (wertschöpfungsleere Transaktionskosten) einsetzen, um eine solche Kultur aufrechtzuerhalten. Ressourcen, die an anderer Stelle fehlen. Jedenfalls ist Ehrlichkeit eine moralische Norm, die gesellschaftlich sehr bedeutsam ist und die trotz gegenteiligen Handelns auch von Unternehmen und Unternehmern selbst immer mehr eingefordert wird.

Was heißt nun Verantwortung?

Der Mensch ist ein moralisches Subjekt, das Verantwortung für sein Handeln übernehmen kann, weil es eine Zielrichtung hat und ihm die Beziehung zwischen ihm als Handlungssubjekt und den Folgen und Adressaten seiner Handlungen (Objekt) klar ist. Weiterhin ist ihm die moralische Dimension seiner Handlung (gut/schlecht) bewusst und er könnte sein Handeln gegenüber einer „moralischen Norm“, rechtfertigen.

Die Frage ist, ob diese Anforderungen auch bei einem Unternehmen erfüllt sind, sodass man ihnen eine moralische Verantwortung zuweisen könnte. Dies ist strittig insbesondere inwieweit einem Unternehmen

    • eine Subjekthaftigkeit in Form eines (zielgerichteten) Willens und
    • eine Bewusstheit bzgl. einer moralischen Handlung zugesprochen werden kann: Kann ein Unternehmen als Organisation eine Handlung und deren. Folgen als gut oder böse, richtig oder falsch reflektieren und abwägen?
    • Und inwieweit man die Folgen unternehmerischen Handelns eindeutig dem „Unternehmen als Ganzem“ zuordnen kann und oder eben nur Einzelpersonen im Unternehmen.

 

Haben Unternehmen eine moralische Bewusstheit und ein Willen?

Die Antwort auf diese wirtschaftsethische Frage ist zumindest in Deutschland strittig, da man diese „moralische Bewusstheit“, hier ganz in der individualethischen deutschen Tradition, nur Menschen zuschreibt. Ich meine dennoch, dass man Unternehmen diese Bewusstheit zuschreiben kann, weil der „kollektive Wille“ und die „Intentionalität“, die Unternehmen zweifelsohne haben, ohne eine „reflektierte Bewusstheit“ über die zu beurteilenden Sachverhalte gar nicht formuliert werden könnte.

Jedes Unternehmen formuliert in seiner Strategie einen zielgerichteten Unternehmenswillen (Produkte, Kunden, Märkte, Maßnahmen, etc.), entscheidet sich für das eine und schlägt das andere aus, macht ihn operationalisierbar und überprüfbar. Jedes Risikomanagement fokussiert die Folgen seiner Handlungen auf Schäden, die eventuell eintreten könnten. Ein solch systematisches, geplantes und auf einer Meta-Ebene reflektiertes Vorgehen nennt man Bewusstheit. Ohne eine „bewusste Auswahl“, die das Wünschenswerte von dem Nichtwünschenswerten unterscheidet, könnte eine Strategie überhaupt nicht entwickelt werden können. Inwieweit ein Unternehmen moralisch Richtiges oder gesellschaftlich Erwartetes in ihre Abwägung mit einbezieht, ist in der Tat eine andere Frage, aber es könnte es genauso einbeziehen, wie es das auch mit seinen ökonomischen Werten macht.

Wenn fünf Manager (Vorstand) die Lieferung eines bestimmten, zivil genutzten Bauteils an eine, in einen Bürgerkrieg involvierte Regierung besprechen, eines Bauteils, das auch zur Herstellung von Waffen geeignet ist, wird jenseits der rechtlichen Frage nach der „Erlaubtheit“ automatisch auch die Frage nach der moralischen „Richtigkeit“ im Raum stehen. Für jeden einzelnen Vorstand liegt diese Frage auf der Hand und er kann sie denken, weil er ein moralisches Subjekt ist. Das bewusste Ignorieren und nicht Ansprechen dieses moralischen Aspekts wäre selbstverständlich für jeden einzelnen Vorstand eine ethische Entscheidung, die er individuell zu verantworten hätte. Das bewusste Ignorieren von allen wäre eine stillschweigende und bewusste Übereinkunft, i. S. eines kollektiven Vorstandswillens. Für ein unbewusstes Ignorieren aller könnte man dann weder den einzelnen noch den Vorstand zur Verantwortung ziehen. Hier müssten der Aufsichtsrat und die Eigentümer zur Verantwortung gezogen werden, weil sie Manager einstellen, die keine moralische Bewusstheit haben.

Eine moralische Bewusstheit i. S. einer Reflexion über eventuelle Normverletzungen in Folge einer Handlung unterscheidet sich allenfalls inhaltlich von der Reflexion über das betriebswirtschaftlich Richtige oder Falsche, aber formal ist das dasselbe. Insofern kann man m. E. nicht ernsthaft in Zweifel ziehen, dass auch Unternehmen eine moralische Bewusstheit haben. Man könnte allenfalls in Zweifel ziehen, dass sich Unternehmen über ihren originären Zweck der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen hinaus moralischen oder gesellschaftlichen Normen stellen müssen.

 

Verantwortungszuschreibung in komplexen Organisation ist kaum mehr möglich

Falls Unternehmen eine moralische Verantwortung abstritten, wäre ein schädigendes, aber noch legales Verhalten u. U. nicht mehr zuordenbar, da eindeutige Kausalbeziehungen zwischen Handlungssubjekt und Handlungsfolge aufgrund der Komplexität von Interaktionen und Abhängigkeiten in einem Unternehmen (stillschweigende Aufträge, Gruppenentscheidungen, Auswahl an Informationen als Entscheidungsgrundlagen, etc.) kaum mehr möglich sind. Dies wäre auch aus Gerechtigkeitsgründen ethisch nicht vertretbar. Hier könnte sich jeder nahezu immer auf andere berufen, sodass am Schluss niemand zur Verantwortung gezogen werden könnte. Ein Geschädigter würde zum zweiten Mal geschädigt werden, weil er niemanden zumindest moralisch zur Rechenschaft ziehen könnte, weder den Einzelnen noch das Unternehmen.

Wo ein Schaden ist, da muss es auch eine Verantwortlichkeit geben, gerade dann, wenn er individuell nicht eindeutig zuzuordnen ist.

Unternehmen müssten sich deshalb so organisieren, dass sie nach außen in die Verantwortung gehen und nach innen, soweit das möglich ist, Verantwortung zuweisen, indem Aufgabenzuordnungen, Entscheidungs- und Informationsprozesse präzise sind und transparent gemacht würden. Wenn ein Schaden nicht eindeutig und ausschließlich einer oder mehreren Einzelpersonen im Unternehmen zuzuordnen wäre, müsste das Unternehmen generell in die Verantwortung gehen.

Unternehmensverantwortung aufgrund von „Wirkungsmacht“ und als „Zweckverpflichtung“

Darüber hinaus haben Unternehmen unabhängig vom eigenen „Wollen“ eine Pflicht das „Gute“, anzustreben und zu fördern, weil

    • sie überwiegend in einem globalen Raum wirken, der durch internationales Recht nur sehr rudimentär reglementiert ist (Legalität), was ihnen im Gegenzug eine höhere (moralische) „Legitimität“ abverlangt,
    • sie in Anbetracht ihrer faktischen Einfluss- und Gestaltungsmacht und der damit unmittelbar einhergehenden Verantwortung norm- und stilprägend und damit auch Vorbilder sind,
    • sie von ihren Stakeholdern profitieren, woraus sich zwangsläufig ergibt, dass Unternehmen das, wovon sie profitieren, nicht gleichzeitig zerstören können,
    • der primäre Legitimationszweck eines Unternehmens darin besteht, Waren und Dienstleistungen für Menschen zu produzieren. Diese „Menschendienlichkeit“ ist prinzipiell der Hauptzweck eines Unternehmens. Geld verdienen, ist eine Folge davon.

Auch aus diesem weiteren Gründen ergibt sich die sittliche Pflicht zum Guten und zur Vermeidung von Schäden.

Wer ist verantwortlich: der Einkäufer oder das Unternehmen?

Bezogen auf das Eingangsbeispiel müsste man hier von einer zweigeteilten Verantwortung ausgehen. Selbstverständlich hätte das Unternehmen eine moralische Verantwortung für die unfaire Praxis, weil es den Einkäufer durch eine starre Budgetregel in eine Konfliktsituation bringt. Dieser muss dadurch zwischen eigenen persönlichen Interessen und einer fairen Praxis, d. h. der Gewährung eines angemessenen Gewinnanspruchs des Lieferanten abwägen. Möglicherweise wurden legitime Gewinnmargen des Lieferanten im Budget des Einkäufers auch gar nicht berücksichtigt. Hier würde dann das Unternehmen einen typischen wirtschaftlichen Konflikt komplett auf seinen Arbeitnehmer abwälzen. Dies wäre insoweit auch eine unfaire Praxis gegenüber dem eignen Arbeitnehmer, weil er ein Risiko tragen muss, für das er sich so nicht entschieden hat, sondern das ihm aufgetragen und mit einem Bonusversprechen abgegolten wurde.

Diese Konflikt- und Dilemmasituation für den Einkäufer könnte dem Unternehmen mindestens bewusst gewesen, wenn nicht gar gezielt herbeigeführt worden sein. Jedes Unternehmen „weiß“, dass starre Budgetregeln die Kostenseite stabiler und Gewinne sicherer machen. Risiken und mögliche Schäden werden externalisiert. Diesen moralischen Aspekt kennt das Unternehmen, weil sie ihn bewusst einsetzt: Mein Vorteil basiert auf einem eventuellen Schaden für dich (Lieferant). Es ist Basis des Geschäftsprinzips.

 

Wertedreieck: Fairness – Loyalität – Eigeninteresse

Dennoch ist zu prüfen, welchen Handlungsspielraum der Einkäufer unabhängig davon hat. Aufgrund der Kostenpositionen des Lieferanten und der Machtposition seines eigenen Unternehmens erkennt der Einkäufer die schwierige Situation seines Gegenübers und seine Rolle dabei.

Wenn er genau nach Vorgabe des Unternehmens handeln würde, wäre er als Agent des Unternehmens insofern moralisch verantwortlich, als er seinen Handlungsspielraum für andere Lösungen nicht ausgelotet hätte, um der „Norm der Fairness“ Geltung zu verschaffen. Er müsste sich für sein „Unterlassen“ rechtfertigen und wäre dafür moralisch zur Verantwortung zu ziehen.

Wenn er moralische „Skrupel“ hätte, dem Lieferanten eine Gewinnmarge zu verweigern, und gleichzeitig seinem Unternehmen gegenüber loyal bleiben und sich aber durch eine Bonuskürzung auch nicht selber schädigen wollte, müsste er in diesem Wertedreieck (Fairness – Loyalität – Eigeninteresse) seine Handlungsmöglichkeiten ausloten.

So könnte er gemeinsam mit dem Lieferanten Kosteneinsparpotenziale entwickeln, die aber bei der Preisbildung nicht berücksichtigt würden. Weiterhin könnte er mit seinen Chefs die starre Budgetgrenze und das bewusste Nichtbeachten einer Gewinnmarge für den Lieferanten problematisieren. Der Einkäufer könnte z. B. die strategische Bedeutung des Lieferanten hervorheben oder die grundsätzlichen „Frage nach der Fairness“ stellt.

Der Einkäufer wäre in dieser Konstellation ebenso moralisch verantwortlich, würde sich aber durch das Ausloten seiner Handlungsmöglichkeiten und durch eine Positionierung pro Lieferant und pro Fairness moralisch rechtfertigen können.

Dem Einkäufer könnte nicht zugemutet werden, zugunsten des Lieferanten auf sein Budget zu verzichten, weil er für die Dilemmasituation, in die er hineingeraten ist, keine Verantwortung trägt. Dafür trägt das Unternehmen sie alleinige Verantwortung.

Fazit

Es gibt meines Erachtens keinen Grund Unternehmen von einer moralischen Verantwortung für ihr Handeln auszunehmen. Sie erfüllen alle formalen Kriterien, die für eine Verantwortungszuschreibung erfüllt sein müssen. Sie sind moralische Subjekte wie jedes Individuum auch. Unternehmen bewegen sich im gleichen normativen Raum wie jedes Individuum auch und müssen sich entsprechenden Fragen nach der Legitimität ihres Handelns stellen. Interessant wäre die Frage, wie einige Unternehmen und Wirtschaftsethiker eine Ablehnung moralischer Verantwortung von Unternehmen begründen würden, ohne ihr reflektiertes Handeln und Entscheiden in Bezug auf ökonomische Werte und ihre gesellschaftliche Stellung zu konterkarieren. Entscheidend ist vielmehr die Frage, inwieweit es Unternehmen gelingt, moralische und gesellschaftliche Werte in ihre Strategie und ihre unternehmerische Praxis zu integrieren. In Zeiten des Klimawandels und globaler Betrügereien und Ungerechtigkeiten scheint dies umso wichtiger.